Caledonian Canal
Vorsicht 96 ½ km lang, deshalb in mehreren Teilen

Verbindung von der Nordsee zum Atlantik ohne die gefährliche Passage um die Nordspitze Schottlands, Erweiterung des Aktionsradius für Fischer im 19. Jahrhundert, Arbeitsbeschaffungsmaßnahme im verarmten und entvölkerten Schottland nach den Highland Clearances: Der kaledonische Kanal.

Die Fotos sind bei verschiedenen Gelegenheiten im Laufe des Jahres 2006 entstanden, aber ich komme erst jetzt dazu, im Glenletter darüber zu berichten und - weil's so lang ist - in drei Teilen.

Wer sich für Technikgeschichte interessiert, für historischen Wasserbau - hier eine Buchempfehlung: A. D. Cameron, The Caledonian Canal, ISBN-Nr. 1-84158-403-7 (kostet hier 9,99 £).

Der kaledonische Kanal quert das Great Glen, diesen gewaltigen natürlichen Graben. Er verbindet die drei großen natürlichen Seen Loch Ness, Loch Oich und Loch Lochy mit dem Meer. (Das unbedeutende Loch Dochfour zählen wir ´mal nicht mit). Die großartige Kulisse bildet dabei die schottische Bergwelt, deren höchster Gipfel (Ben Nevis) unmittelbar das Südwestende des Kanals überragt. Besonders interessant sind viele technische Detaillösungen, die genaues Hinschauen lohnen und von denen ich hier einige herausstellen möchte. Die erhoffte wirtschaftliche Bedeutung hat der Kanal nie erreicht und so viel Verkehr wie heutzutage im Sommer mit Touristenböötchen hat er nicht alle Tage gesehen.
Technische Grundzüge: Gesamtlänge von Anfang bis Ende 96 ½ km, davon 61 km natürliche Seen und 35 ½ km künstliche Wasserstraße. Ein Kanal ohne Wassermangel, den Scheitel bildet der natürliche See Loch Oich 32,30 m ü.NN. Die maximale Schiffsgröße beträgt 47 m Länge und 10,70 m Breite - recht großzügig im Vergleich zu deutschen Binnenkanälen aus dieser Zeit. Wasserbauliche Besonderheit: Parallel zum kaledonischen Kanal sind naturnahe Flüsse erhalten, konsequente Trennung von natürlicher Entwässerung und künstlichem Schifffahrtsweg. Vermutlich wollte man den Kanal strömungsfrei und mit konstantem Wasserspiegel haben. So wurden lange Strecken gebaut, in denen ein schmaler Damm den tiefliegenden Fluss vom hochliegenden Kanal trennt. Konstruktiver Höhepunkt der Trennung von Wasserstraße und natürlichem Entwässerungsregime sind wohl die Aquädukte im Westteil, wo der Kanal kleinere Flüsse aufwändig überquert, statt diese einfach durchzuleiten, mehr dazu im letzten Teil des Kanalletters.

Zum Vergleich: Der Ausbau der Ruhr zuhause in Essen wurde bereits 40 Jahre früher gemacht – hier wurde der Fluss selbst ausgebaut und nicht etwa ein Parallelkanal gegraben. Das Bemessungsschiff für den Ruhrausbau war ein 34 m langer, 5 m breiter Holzkahn mit 100 t Nutzlast. Gleiche Schiffsgröße gilt übrigens für den Lahnausbau mit den heute noch vorhandenen Schleusen oberhalb von Limburg, die sicherlich auch vielen bekannt sind.

Übrigens gibt es im Ruhrgebiet einen Parallelkanal entlang der Lippe. Auch hier konsequente Trennung von Schifffahrtskanal und Vorflut, allerdings aus anderem Grund (Bergsenkungsgebiet).

So jetzt aber Schluss mit dem Technikgelaber und los: Ich lade Euch zu einer kleinen/mittleren Besichtigungswanderung ein und wir beginnen in Inverness (also unten "Ostabschnitt" klicken).


Mathias, Februar 2007